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Читать онлайн «Emilia Galotti»

Автор Готхольд Эфраим Лессинг

Der Prinz. Lieber Conti—(die Augen wieder auf das Bild gerichtet,) wie darf unsereiner seinen Augen trauen? Eigentlich weiß doch nur allein ein Maler von der Schönheit zu urteilen.

Conti. Und eines jeden Empfindung sollte erst auf den Ausspruch eines Malers warten?—Ins Kloster mit dem, der es von uns lernen will, was schön ist! Aber das muß ich Ihnen doch als Maler sagen, mein Prinz: eine von den größten Glückseligkeiten meines Lebens ist es, daß Emilia Galotti mir gesessen. Dieser Kopf, dieses Antlitz, diese Stirne, diese Augen, diese Nase, dieser Mund, dieses Kinn, dieser Hals, diese Brust, dieser Wuchs, dieser ganze Bau, sind, von der Zeit an, mein einziges Studium der weiblichen Schönheit. —Die Schilderei selbst, wovor sie gesessen, hat ihr abwesender Vater bekommen. Aber diese Kopie—Der Prinz (der sich schnell gegen ihn kehret). Nun, Conti? ist doch nicht schon versagt?

Conti. Ist für Sie, Prinz, wenn Sie Geschmack daran finden.

Der Prinz. Geschmack!—(Lächelnd. ) Dieses Ihr Studium der weiblichen Schönheit, Conti, wie könnt' ich besser tun, als es auch zu dem meinigen zu machen?—Dort, jenes Porträt nehmen Sie nur wieder mit—einen Rahmen darum zu bestellen.

Conti. Wohl!

Der Prinz. So schön, so reich, als ihn der Schnitzer nur machen kann.

Es soll in der Galerie aufgestellet werden. —Aber dieses bleibt hier.

Mit einem Studio macht man soviel Umstände nicht: auch läßt man das nicht aufhängen, sondern hat es gern bei der Hand. —Ich danke Ihnen, Conti; ich danke Ihnen recht sehr. —Und wie gesagt: in meinem Gebiete soll die Kunst nicht nach Brot gehen—bis ich selbst keines habe.

–Schicken Sie, Conti, zu meinem Schatzmeister, und lassen Sie, auf Ihre Quittung, für beide Porträte sich bezahlen—was Sie wollen.

Soviel Sie wollen, Conti.

Conti. Sollte ich doch nun bald fürchten, Prinz, daß Sie so noch etwas anders belohnen wollen als die Kunst.

Der Prinz.

O des eifersüchtigen Künstlers! Nicht doch!—Hören Sie, Conti; soviel Sie wollen. (Conti geht ab. )

Fünfter Auftritt

Der Prinz. Soviel er will!—(Gegen das Bild. ) Dich hab ich für jeden Preis noch zu wohlfeil. —Ah! schönes Werk der Kunst, ist es wahr, daß ich dich besitze?—Wer dich auch besäße, schönres Meisterstück der Natur!—Was Sie dafür wollen, ehrliche Mutter! Was du willst, alter Murrkopf! Fodre nur! Fodert nur!—Am liebsten kauft' ich dich, Zauberin, von dir selbst!—Dieses Auge voll Liebreiz und Bescheidenheit! Dieser Mund!—Und wenn er sich zum Reden öffnet! wenn er lächelt! Dieser Mund!—Ich höre kommen. —Noch bin ich mit dir zu neidisch. (Indem er das Bild gegen die Wand drehet. ) Es wird Marinelli sein. Hätt' ich ihn doch nicht rufen lassen! Was für einen Morgen könnt' ich haben!

Sechster Auftritt

Marinelli. Der Prinz.

Marinelli. Gnädiger Herr, Sie werden verzeihen. —Ich war mir eines so frühen Befehls nicht gewärtig.

Der Prinz. Ich bekam Lust, auszufahren. Der Morgen war so schön.

–Aber nun ist er ja wohl verstrichen; und die Lust ist mir vergangen.

–(Nach einem kurzen Stillschweigen. ) Was haben wir Neues, Marinelli?

Marinelli. Nichts von Belang, das ich wüßte. —Die Gräfin Orsina ist gestern zur Stadt gekommen.